Seiten

Dienstag, 15. April 2014

Offener Brief an Nationalrätin Ursula Schneider


Sehr geehrte Frau Schneider,
Es ehrt Sie, dass Sie die Wiedergutmachungs-Initiative des Schweizerischen Beobachters unterstützen und sich in der Ausgabe vom 4. April mit folgenden Worten zitieren lassen: "Fürsorgerische Zwangsmassnamen und Fremdplatzierungen haben das Leben der Betroffenen gezeichnet. Begegnen wir ihnen heute mit Respekt und nehmen wir Ihre Anliegen ernst." Ich hoffe, dass diese warmen Worte viele stimmberechtigte Freiburgerinnen und Freiburger anregen, die Initiative unterzeich­nen.
Persönlich vermute ich, dass Sie mit Ihrer Aktion von den erbärmlichen Zuständen in Ihrem Kanton ablenken wollen. Die KESB, die Kinder- und Erwachsenenschutz-Behörde, die Nachfolgeorganisation der Vormundschaftsbehörde produziert nach wie vor und zwar nahezu täglich neue Behördenopfer, die sich nur wenig vom Verding­kinderwesen und dem Fremdplatzierungen von damals unterscheiden. Mindestens die Mentalität und die Willkür der Ausführenden sind vergleichbar mit jenen die zur nun angeprangerten Schande geführt haben.

Illustration aus dem BEOBACHTER: Weggenommen und versorgt
Das hat im Kanton Freiburg gewissermassen Tradition.
Vor rund einem Jahr hat eine Gymnasiastin im Rahmen ihrer Maturarbeit die Zu­stände im früheren Kinderheim St-François von Courtepin aufgedeckt. Ihre Schilde­rungen wurden teilweise in den Freiburger Nachrichten veröffentlicht und haben wie die Zeitung feststellte, "hohe Wellen geworfen". Die Empörung hat sich aber weniger gegen die Zustände im Heim als gegen die Verfasserin (Netzbeschmutzung) gerich­tet. Und flugs hatte die Zeitung einen Historiker zur Hand, der die Missstände in den Kontext der 1960er Jahre im ländlichen Courtepin zu stellen, sprich unter den Tep­pich zu wischen hatte.
Am 16. April 2013 hat sich FN-Chefredaktor, Christoph Nussbaumer, in einem Leitartikel zur Angelegenheit geäussert und vollmundig versprochen: "Auch der Kanton Freiburg muss früher begangenes Unrecht konsequent aufarbeiten." Seitdem ist diesbezüglich nichts geschehen.
Zuvor, am 11. Januar, verkündete namens des Staatsrates, Erwin Jutzet, die Inkraftsetzung des neuen KES-Gesetzes und kommentierte: "Das starre, alte Vor­mund­schaftsrecht aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts gehört nun endgültig der Vergangen­heit an." Und er flunkerte, dass das Personal der Behörde nun eben mit ausgewiesenen Fachleuten professionlisiert sei.
Als "betroffener Grossvater" und Citoyen dieses Landes halte ich dieses Gesetz und seine Umsetzung (vor allem im Kanton Freiburg) für eine Fehlkonstruktion und für gescheitert und die Behauptung von Professionalisierung mit Fachleuten für eine Schönrederei. Dies habe ich mit Schreiben vom 25. Juni an Jutzet dargelegt und am 5. Juli) folgende Antwort bekommen: "Aufgrund der Gewaltentrennung (Exekutive/­Judikative) kann ich mich nicht mit Ihrem Anliegen befassen."
Das ist eine Antwort.
Von der angesprochenen KESB, dem Jugendamt (Perolles 24) bekommt man üblicherweise keine. Das wirft ein bemerkenswertes (=das muss man sich merken) Licht auf die Mitarbeitenden dieser Behörde — eine Arbeitshaltung die in privaten Unternehmen undenkbar wäre. Dazu gehört, dass E-Mails nicht beantwortet werden, sich Mandatsträger/innen (Fachfrauen für Kinderschutz) am Telefon verleugnen lassen und ver­sprochene telefonische Rückrufe nicht ausführen.
Grundsätzlich ist es unter anderem die Aufgabe des Jugendamtes (JA), also der KESB, die Bedürfnisse und Interessen von Kindern aus Trennungs- und Scheidungs­verhältnissen festzustellen und durchzusetzen. Bei der hohen Scheidungsrate betrifft es (schätzungs­weise) laut Jugendamts-Sektorleiter Gilbert Biellmann rund 1000 Kin­der und Jugendliche.
Sie haben Anspruch unter anderem auf regelmässigen Kontakt mit beiden Eltern­tei­len. Das ist auch von der Europäischen Menschenrechtskonvention anerkannt, auf die sich auch die Internet-Seite des Jugendamts (
http://www.fr.ch/sej/de/pub/index.­cfm) bezieht. Die Aufträge, Mandate genannt, werden dem Amt bei Trennungsverein­barungen zugewiesen und mit dem Scheidungsurteilen betätigt. Zum korrekten Ver­halten der Scheidenden gibt das JA eine Wegleitung ab. Wenn dieser nicht nachge­lebt wird, hat dies zunächst für die scheidenden Eltern keine Folgen.
BEOBACHTER-
Titelbild zum Thema

Die Mandatsträger/innen des KESB erstellen mit den Eltern einen Besuchsplan, der in der Regel jedes zweite Wochenende und 2-3 Ferienwochen für den Besuchsbe­rechtigten, meistens den Kindsvater, vorsieht.
In weiteren Meinungsverschiedenheiten, bei Streit und Auseinandersetzungen der Eltern werden vielfach die Kinder als Waffe benutzt. Der erziehungsberechtigte Elternteil, meistens die Mutter, verhindert den Kontakt der Kinder mit dem besuchs­berechtigten Vater. Vermutlich werden sie von pfiffigen (Scheidungs-)An­wälten wie etwa dem Murtener Theodul Studer dazu angemacht. Und damit sind die Sachbear­beiter/innen des Jugendamtes in der Regel überfordert.
Wenn nun ein um das Besuchswochenende geprellter Vater auf dem Recht seiner Sprösslinge, mit ihm Kontakt aufrecht zu erhalten, besteht, wird ihm das Besuchs­recht kurzerhand sistiert und umgehend vom Friedensgericht in der Form einer einstweiligen Verfügung bestätigt. So unterstützen und fördern Jugendamt und Friedensgerichte —professionell natürlich — im Kanton Freiburg die Entfremdung der Kinder von ihrem (getrennt lebenden oder geschiedenen) Vater.
Wenn das Kantonsgericht später die Massnahme auch aufhebt und das Besuchs­recht wieder herstellt, sind unverhältnismässig schwere Schäden angerichtet worden. Nicht nur, dass die Kinder des Kontaktes zum Vater beraubt wurden. Die ohnehin durch die Lebensumstände verunsicherten Väter werden mit derartigen Massnah­men weiter geschwächt. Kein Wunder, dass viele von Ihnen psychologische oder gar psychiatrische Hilfe beanspruchen müssen.
Die Verursacher/innen am Jugendamt ficht das nicht an: ich habe jedenfalls noch nicht vernommen, dass sie sich für einen solch kräfteraubenden Fehlentscheid entschuldigt hätten.
Fehlentscheide sind auch im Zusammenhang mit den Gefährdungsmeldungen courant normal: Sie werden nämlich nicht behandelt! Gleichgültig ob sie schulische oder medizinische Entwicklungsdefizite eines Kindes betreffen, und gleichgültig, wer die Meldung macht, ob die Frühberatung, die Lehrerschaft oder besorgte Nacbbarn, an der Perolles 24 und an den Friedensgerichten unternimmt man (wenn möglich) nichts. Und wenn dann ein "Melder" moniert, wird ihm beschieden, dass darüber keine Auskunft erteilt werde und der Melder keinen Anspruch auf Information habe.
Diese wenigen Beispiele zeigen, dass in den KESB Chaos herrscht, in dem sich ein Eigenleben breit macht, dass nicht zur Verantwortung gezogen wird. Und dieses Ver­hal­ten, das ich als bedenklich und arrogant einstufe, wird sich nicht ändern, solange es möglich ist, dass die Tätigkeiten des KESB nicht zur Transparenz verpfllichtet werden.
Die Schande der damaligen Verding- und Heimkinder, mitverursacht von den dama­ligen Vormundschaftsbehörden, wird sich also mit den heutigen Scheidungskin­dern und den KESB wiederholen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen